Ein Name gibt einer Marke einen Klang, einen Sound, eine tonale Entsprechung. Ein guter Name lässt die Marke sympathisch erscheinen und motiviert uns, unseren Freunden von ihr zu erzählen. Das richtige Naming ist folglich ein wichtiger Bestandteil der Markenbildung. Es ist allerdings nicht gleichzusetzen mit der Entwicklung der Marke an sich. Denn Marken sind viel mehr als nur ihr Name. Das können Wörter, Buchstaben, Zahlen, Abbildungen, aber auch Farben und Hörzeichen sein. Eine Marke ist ein komplexer Mix aus Maßnahmen und Erlebnissen. Der Markenname entscheidet daher nicht allein über den Erfolg der Marke. Aber er trägt wesentlich dazu bei.
Der gute Name
Geeignete Namen können beschreibende Namen, Eigennamen, Wortschöpfungen oder auch zusammengesetzte Namen sein. Aber was zeichnet gute Namen denn eigentlich aus? Gute Namen – da sind sich alle Experten einig – sind verständlich, gut auszusprechen, in der Regel kurz und einfach zu erinnern. Das schränkt die Auswahl an möglichen Begriffen ziemlich ein. Genau das sei das Problem, konstatiert Reto Paul Grimm, Markenexperte aus Hamburg. „Die schwierige Frage ist nicht, wie ich auf einen guten Namen komme, sondern ob ich ihn noch anmelden kann.“ Im Jahr 2016 wurden dem Deutschen Marken- und Patentamt in München (DPMA) insgesamt 72.801 nationale und internationale Anmeldungen zur Entscheidung vorgelegt. Das zeigt, wie groß die Dichte an Anmeldungen ist. Um in dieser Masse einen herausstechenden, einprägsamen und schutzwürdigen Namen zu finden, ist Kreativität gefragt. Dass das nicht ganz banal ist, zeigt die Zahl der Ablehnungen. So mussten ebenfalls im Jahr 2016 von insgesamt 75.501 abgeschlossenen Eintragungsverfahren (hierin enthalten sind Anmeldungen aus den Vorjahren) etwa ein Drittel der Anmeldungen abgelehnt werden.
Aktuelle Trends
Einer der langfristigen Trends im Naming ist das absichtlich fehlerhafte Schreiben von Wörtern, die in ihrem Ursprung den assoziativen Zusammenhang zur Unternehmenstätigkeit bilden. Beispiele hierfür sind Flickr oder Tumblr. Noch stärker verkürzt ist der Sport-Streaming-Anbieter DAZN. Die Abkürzung steht für Da Zone bzw. The Zone. Laut Wikipedia ist damit der Tunnelblick des Zuschauers gemeint, während er sich auf ein Spiel konzentriert.
Auch Markenexperte Grimm arbeitet mit solchen Methoden. Auf großen Papierrollen bildet er mit Ausgangsbegriffen, welche aus dem Handeln des Unternehmens stammen oder von Eigenschaften ihrer Produkte abgeleitet sind, neue Wörter. Er kürzt und ergänzt einzelne Silben, stellt Sinnzusammenhänge her, kombiniert, verwirft, entwickelt weiter und weiter und weiter. Den Trend der sogenannten Misspelled Words hält Grimm allerdings für eine Verzweiflungstat. Da viele Begriffe schon besetzt seien, gingen Namensentwickler diesen Weg, um griffige Namen zu nutzen, ohne eine Verwechslungsgefahr einzugehen. Das ist allerdings nur ein bedingt geeignetes Mittel: „Neben einer optischen Ähnlichkeit sowie einer begrifflichen Identität kann auch eine ähnliche Aussprache dazu führen, dass der Schutz einer anderen Marke beeinträchtigt wird und die eigene Markeneintragung scheitert“, gibt der Markenrechtsanwalt Markus Thomas Gronau zu bedenken.
Kontrolle ist gut, Expertise ist besser
Kunstnamen bieten im Grunde zwar eine bessere Chance auf Unterscheidbarkeit und damit auf Anmeldung. Aber auch hier gilt: Das Register kennt schon viele Begriffe. Grimm empfiehlt daher eine Long List mit Begriffen auf zweierlei Wege zu prüfen: Erstens per Desk Research im Web. Dabei wird grob klar, ob bestimmte Begriffe so oder ähnlich bereits genutzt werden. Dabei ist auch die Warenklasse zu beachten. Wenn eine Marke in einer bestimmten Warenklasse angemeldet ist, gilt der Schutz nicht unbedingt in einer anderen Warenklasse. Focus beispielsweise ist eine Marke im Zeitschriftenmarkt, gleichzeitig reklamiert aber auch der Automobilhersteller Ford diese Marke für eines seiner Modelle. Da keine Verwechslungsgefahr besteht, ist dieselbe Wortmarke in unterschiedlichen Warenklassen möglich.
Andererseits ersetzt die Online-Recherche nicht die rechtliche Kollisionsprüfung. Wer also auf Nummer sichergehen will, lässt bereits die Short List mit ausgewählten Namen durch Rechtsberater abklopfen. Das sei günstiger als die Rechtsunsicherheit, warnt Markenrechtsexperte Gronau: „Eine markenrechtliche Auseinandersetzung kann teuer werden. Bei einem Unterlassungsanspruch muss zudem die Vermarktung mit einem neuen Begriff von vorne begonnen werden. Alle bisherigen Investitionen sind dann in den Sand gesetzt.“
An die Zielgruppe denken
Zweitens empfiehlt Grimm hinsichtlich Prüfung in jedem Fall einen Test durch die Zielgruppe, wobei unbedingt Muttersprachler der jeweiligen Zielregion integriert werden sollten. Produkte, die hierzulande attraktiv klingen, können im Ausland eine völlig andere, negative Bedeutung haben. Das sollte man ausschließen. Jedes Kind, welches seine Eltern das erste Mal im Italienurlaub Miesmuscheln – italienisch: Cozze (plural), ausgesprochen: Kotze – bestellen hört, kennt das. Im Deutschen würde sich das wohl niemand in die Speisekarte schreiben, geschweige denn ein Produkt danach benennen.
Sinn, Klang und Schutzwürdigkeit können grundsätzlich gut durch positionierende Claims erlangt werden, welche die Produktbeschreibung und strategische Größen integrieren. Wenn das Produkt beispielsweise Dynamik ausdrücken soll, und der Kunde Dynamik erwarte, müsse sich das wiederspiegeln. Als positives Beispiel nennt Branding-Experte Grimm die Marke Audi. Schon der Claim Vorsprung durch Technik mache deutlich, mit wem Audi kommuniziert: Audi-Fahrer sind technikaffin. Hierzu passe auch eine simple, technische Nomenklatur der Modelle wie A1, A2, A3 und so weiter. Würde sich Jil Sander in ihrer Kollektion dieser Systematik bedienen, hätte der Luxuskonzern gegebenenfalls mehr Männer als Kunden – oder aber auch ein großes Absatzproblem.
Was kommt danach?
Und noch ein Tipp vom Experten: Bei Produktserien müsse das Thema bzw. Namensfeld gut gewählt sein. Bei VW reichte es von Bora, Jetta, und Passat über Santana, Scirocco und Vento. Irgendwann aber ist Schluss mit dem Thema Wind. Dann kann es ganz schön ruhig im Sales werden.
Für die Zukunft lässt sich ableiten, dass die schutzwürdigen Begriffe in Muttersprache und englisch aufgrund der hohen Anmeldezahl rar werden, auch unter Berücksichtigung von Misspelled Words. Kreative werden also Namensfelder in anderen, weniger geläufigen Sprachen ausmachen, um sie mit hiesigen zu mixen.
Tipps in der Übersicht
- Gehen Sie zu allererst von den Produkteigenschaften oder Unternehmenswerten aus und schreiben Sie die Attribute mit der höchsten Priorität auf.
- Nutzen Sie Kreativtechniken – Brainstorming, Mindmapping, Bildkarten etc. – und Inspirationen, um weitere Begriffe und damit Startpunkte für ein Naming zu gewinnen.
- Achten Sie darauf, das Suchfeld bzw. Thema nicht zu eng zu wählen, falls Sie zukünftig weitere Namen mit gleichem Bezug innerhalb einer Produktserie oder Markenwelt benötigen.
- Kreieren Sie eine Long List, indem Sie die ausgewählten Begriffe kürzen, ergänzen, kombinieren oder neue Begriffe entwickeln. Auch Zahlen können in die Kombinationen einfließen. Denken Sie dabei an Ihre Botschaft, aber auch an die Anspruchsgruppe: Welche Erwartungshaltung müssen Sie erfüllen? Welche Namen passen dazu?
- Machen Sie ein Desk Research, um Kollisionen frühzeitig zu vermeiden, aber auch um weitere Inspiration zu erhalten. Streichen Sie bereits verwendete oder zweifelhafte Namen und machen Sie mit etwas zeitlichem Abstand eine zweite und dritte Runde.
- Machen Sie einen Check mit der Anspruchsgruppe. Was verbindet die Anspruchsgruppe mit dem Namen? Was bleibt hängen? Was klingt gut und was nicht? Beziehen Sie dabei auch etwaige Muttersprachler mit ein.
- Melden Sie provisorisch auch weitere Favoriten an.
- Überprüfen Sie, ob Ihre Wunsch-Domain für den/die Namen noch frei ist.
- Lassen Sie Ihre Favoriten rechtlich überprüfen, um Ähnlichkeiten auszuschließen und teure Lizenzverletzungen und Fehlinvestitionen zu vermeiden. Außerdem stellt die Beratung sicher, dass Sie die Marke in der korrekten Warenklasse anmelden.

Reto Paul Grimm
Reto Paul Grimm ist geboren und aufgewachsen in der Schweiz, wo er auch sein Diplom zum Visuellen Gestalter erhalten hat. Heute lebt und arbeitet Reto in Hamburg und ist seit mittlerweile über 25 Jahren im Branding-Geschäft zu Hause. In dieser Zeit hat er weit mehr als 100 Projekte begleitet oder führend betreut, sowohl in international aufgestellten Agenturen als auch in seinem eigenen Unternehmen.

Markus Thomas Gronau
Rechtsanwalt Markus Thomas Gronau studierte Rechtswissenschaften an der Universität München. Im Jahre 2005 gründete er in Hamburg die Kanzlei Gronau im Bereich Medien- und Presserecht. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehört die Beratung von Unternehmen in allen Fragen des Medien-, Urheber- und Markenrechts. Zudem berät Markus im Datenschutzrecht und bei Auseinandersetzungen mit Medien, insbesondere bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts. als auch in seinem eigenen Unternehmen.
Quellen
Deutsches Patent- und Markenamt: https://www.dpma.de/dpma/veroeffentlichungen/statistiken/marken/index.html