AUFWÄRTS, ABWÄRTS, SEITWÄRTS – Worum es bei erfolgreicher Kommunikation im Wandel heute gehen muss

Transformation

Eine Leseprobe von Susanne Dold und Christian Röbcke-Gronau

Veränderung ist nicht mehr die Ausnahme, sondern der Alltag. Wandel ist als Normalität zu begreifen und für alle Beteiligten erfahrbar zu machen, um zu unterstützen, Veränderungen positiv wahrzunehmen. Folglich hat auch Kommunikation in Veränderungsarbeit einen Wandel durchlaufen: Sie ist eine andauernde Aufgabe und untrennbar mit den Change-Prozessen verbunden. Mehr noch: Kommunikation ist nicht nur Unterstützung und Beiwerk, sondern steht im Kern der Veränderung. Kommunikation ist daher nicht nur ein Mittel, sondern bildet auch den Rahmen für die Institutionalisierung des Changes. Kurz gesagt: Kommunikationsarbeit wird zu Kampagnenarbeit. Aber was heißt das?

Kommunikation im konventionellen Sinne bedeutet, bewusst und aktiv zu informieren, um Verhalten zu ändern. Doch Kommunikation ist mehr. Die Ausgangsfrage lautet: Wie soll der Adressat unserer Botschaft handeln? Kommunikation in Veränderungsprozessen muss das Ziel haben, zur Aktion zu führen. Information, Interpretation, Reflektion und Handeln bedingen sich und sind Teile der Change Kommunikation.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Information unterschiedlich interpretiert werden kann, muss die Erfahrungsbildung in geeigneten Formaten als wesentlicher Bestandteil der Change Kommunikation betrachtet werden. Gute Change Kommunikation verbindet Information mit Handlungen und trägt so zur Wahrnehmung der Veränderungsnotwendigkeit und im besten Fall zur Verhaltensänderung im Sinne des Unternehmensziels bei.

Oft gewollt, selten gekonnt

Kommunikation war schon immer eine Management-Funktion. So wirklich deutlich scheint dies allerdings erst mit Eintreten der Veränderung als Normalzustand zu werden. Niemals ist die Unternehmensstrategie mehr auf die Veränderungsbereitschaft der Beschäftigten angewiesen, als in großen Umbrüchen wie beispielsweise der Digitalisierung. Das beginnt damit, den Beteiligten klarzumachen, warum es eigentlich eine Veränderungsnotwendigkeit gibt. Die im Jahr 2017 veröffentlichte Studie Change-Barometer des Beratungsunternehmens Mutaree macht deutlich, dass schlechte Kommunikation beziehungsweise mangelnde Nachvollziehbarkeit der Veränderungsnotwendigkeit KO-Faktoren für Change-Prozesse sind.

Wer Mitarbeitende mit dem Satz “Das ist so!“ abspeisen will, entblößt, dass er oder sie keine wirkliche Change-Strategie hat. Mitarbeitende wittern da schnell das Interesse an Machtausweitung. Die mittlere Führung wird zudem in eine extrem undankbare und unternehmerisch risikoreiche Situation manövriert: Seitens des Top Managements wird erwartet, dass sie die Veränderung mitträgt. Doch nicht selten fließen relevante Informationen aus der Leitungsebene nur stark zeitverzögert in den Mittelbau, was dort zu einem erlebten Informationsvakuum führt. Mitarbeitende wollen hingegen Antwort auf Fragen wie: Was hat es mit dem Wandel auf sich? Wo betrifft er mich konkret? Werde ich meinen Job verlieren? Wie wird sich mein Aufgabenfeld verändern? – Dabei richten sie ihren Blick erwartungsvoll auf ihre Führungskraft. Wenn dann Informationen nicht zeitnah, nachvollziehbar und bestenfalls ansprechend vermittelt werden, führt das nicht nur zu Frustration, sondern gerne auch Mythenbildung. Wen wundert es dann, dass die Frustration über den von oben verordneten, aber nicht nachvollziehbaren Wandel in Blockade und Scheitern mündet? Zwei Praxisbeispiele beleuchten, wie es nicht laufen sollte.

  • Beispiel 1: Ein Vorstand lehnt die Verantwortung für den Wandel ab und verlässt das Unternehmen. Er hinterlässt eine ratlose mittlere Führungsebene, in der niemand weiß, wie es weitergeht. Statt Verantwortung zu übernehmen, veranstaltet die Firma reflexhaft ein Mitarbeiter-Event, um alle KollegInnen von Selbstverantwortung und Mehrarbeit zu überzeugen.

  • Beispiel 2: Der Abgang von zwei Vorständen steht bevor, aber das Management Board ruft in einer groß angelegten Mitarbeiter-Veranstaltung dazu auf, ohne Wenn und Aber die Herausforderungen der Zukunft anzupacken. Danach passiert ein halbes Jahr lang nichts. Sowohl geplante Workshops, als auch die begleitende Change Kommunikation werden eingestellt. Die Firma ist erst wieder handlungsfähig, als die neue Führung an Bord kommt.

Der Blick in die Praxis zeigt: Verantwortung für Kommunikation im Change zu externalisieren, ist nicht möglich. Das Gleiche gilt dafür, sie ungesteuert der Mitarbeiterschaft zu überlassen. Erfolgskritisch bei jeder Form der Kommunikation ist eine nachvollziehbare Ehrlichkeit. Wahrnehmungen, Eindrücke und Interpretationen müssen ansprechbar sein und es muss definierte Räume dafür geben, um diese zu äußern.

Die machen das schon

Gerade zu Beginn eines Veränderungsprozesses, fällt es oftmals schwer, mit der Unkenntnis der nächsten Schritte im Prozess professionell umzugehen. In solchen Situationen wird der Ball gerne weiter gespielt: Das Top Management beauftragt externe Strategieberatungen zur Zielfindung, bestimmt interne Beraterinnen und Berater mit der Koordination und lässt sich von Kommunikationsagenturen Maßnahmen zur Vermittlung des Change vorschlagen. Die Verantwortung wird externalisiert, die Angst vor dem Scheitern wegdelegiert. Dialog im Konflikt wird vermieden.

Bei Wandelkommunikation sollte bereits frühzeitig geklärt werden, wie es gelingt, Veränderungsziele zu verdeutlichen, Informationen zu kaskadieren, Beteiligung und Reflexion einzubeziehen, aber auch die Verantwortung für die Kommunikation nicht abzugeben. Wie der Change selbst muss auch Kommunikation in Schleifen gedacht werden. Am Anfang stehen die Transparenz des jeweiligen Etappenziels, seine Notwendigkeit, die Verortung dessen im Ganzen. Dann müssen Mitarbeitende die Chance bekommen, die Ziele und Herangehensweise zu reflektieren, um sich daran zu beteiligen. Schließlich wird diese Reflexion in die Entwicklung des Change-Ziels aufgenommen und erneut transparent kommuniziert. Nur durch die ernsthafte Integration von kommunikativer Reflexion im Wandel, kann Kommunikation im Change nachhaltig funktionieren.

Kommunikation als institutionalisierende Funktion

Kommunikation dient nicht nur dem Austausch, sondern bildet den Rahmen der Verankerung von Change. Ziel ist in diesem Fall der Beitrag zur Veränderung der Organisation, indem Kommunikation die richtigen Plattformen und Foren zur Verfügung stellt. Dabei müssen Erkenntnisse des Change individuell erfahrbar werden, um Wahrnehmung und Verhalten jeder bzw. jedes Einzelnen anzusprechen. Konkret bedeutet das, je nach Austauschplattformen, Workshop-Formaten und Informationsforen, sowie deren Zusammensetzungen und Regeln, lässt sich Beteiligung und Change-Erfolg durch Erfahrung beeinflussen.

Ein Beispiel ist die Otto-Gruppe: Der Change-Initiator der Otto Group, Tobias Krüger, berichtete über den Rückhalt und die Offenheit seiner Vorstände, über die hierarchiefreie Zusammenarbeit und Aha-Erlebnisse aus gemeinsamen Arbeitsprozessen von Vorständen und Mitarbeitenden im Change-Prozess sowie über die Kaskadierung des komplexen Prozesses über Kulturwandel-Teams bis hin zum Umgang mit Fehlern.

Viel Hochglanzkommunikation statt Reflektion

Selbst wenn Führungskräfte Verantwortung übernehmen, ist es für sie nicht immer einfach, sich für den Wandel stark zu machen. Die Angst vor dem Scheitern führt dazu, dass sich Manager absichern, statt Ressourcen für Veränderungen aufzubauen. Führungspersonen brauchen einerseits die Fähigkeiten, andererseits aber auch die Kapazitäten, um Veränderungen zu steuern. Unseren Erfahrungen nach verpacken sie stattdessen lieber Visionen und Botschaften in markige Worte und bildstarke Präsentationen, als könnten sie damit die Ängste ein für alle Mal übertünchen. Wir hören dann häufig: „Wir brauchen noch ein starkes Bild, das die Botschaft transportiert. Im Sinne von ‘Gemeinsam zum Gipfel – es wird hart, aber zusammen schaffen wir das’“ wird suggeriert, dass außer strammen Zahlen noch gar nichts klar ist. Die Beschäftigten merken schnell, dass sie mit Ihren Ängsten nicht ernstgenommen werden. In diesem Fall wirken alle kommunikativen Maßnahmen nur noch wie eine Legitimationsfassade.

Weitere Inhalte

  • Das müssen wir erst noch besprechen

  • Raum für Veränderungen

  • Frühzeitige Partizipation

  • Kommunikation in alle Richtungen

  • Campaigning Change statt Change Kommunikation

Sie möchten den Artikel gerne weiterlesen? Dann finden Sie hier den vollständigen Beitrag im Online-Archiv der OrganisationsEntwicklung.

© Handelsblatt Fachmedien GmbH

Erstveröffentlichung in der OrganisationsEntwicklung (Nummer 4-2018), www.zoe-online.org

Transformation erfordert Kommunikation mit Perspektiven